Angedacht
Liebe Leserinnen und leibe Leser!
Das Titelfoto dieses Gemeindebriefes stammt aus unserem letztjährigen Sommerurlaub. Beim Wandern in Österreich grüßte am Wegesrand unvermittelt diese weit geöffnete Tür.
Auf den ersten Blick schien sie da völlig sinnlos zu stehen. Sie versperrte oder öffnete keinen Zugang irgendwohin. Am ehesten schien es noch eine witzige Idee zu sein, ein dekoratives Element, das einen grandiosen Blick ins Tal eröffnete.
Später erkannte ich in dieser scheinbar deplatzierten Tür doch eine tiefe Symbolik. Wie oft sind es unsichtbare Mauern, die uns mit unmerklicher Gewalt gefangen nehmen, und die wir erst Richtung Freiheit durchschreiten können, wenn eine Tür uns sichtbar den Weg weist.
Im Zentrum unseres Glaubens selbst wird das anschaulich, wenn Jesus mit Blick auf die Überwindung der Gottesferne sagt (Joh 10,9): Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.
Auch im Verlaufe der Geschichte öffneten sich immer wieder Türen in neue Lebensräume der Freiheit. Die Tore stehen offen, das Land ist hell und weit. (EG 395). Viele der Jubiläen des Jahres 2024 lassen sich in diesem Sinne als Tür-Öffnungen verstehen.
So feiern wir 500 Jahre Reformation in Magdeburg – Luthers Erkenntnis von der geschenkten Gnade Gottes wies vielen Gläubigen eine Tür aus dem bedrückenden Gefängnis mittelalterlicher kirchlicher Frömmigkeit hin zur Freiheit der direkten Beziehung zu Christus.
Wir feiern den 300. Geburtstag des großen Philosophen Immanuel Kant. Er proklamierte Aufklärung als Mut, sich seines Verstandes zu bedienen und als Ausgang des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit.
Wir feiern 75 Jahre Grundgesetz in Deutschland. Mit der gesetzlichen Verankerung von Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit öffneten sich nach Jahren unmenschlicher Diktatur für die Bundesrepublik Türen zur neuen freiheitlich-demokratischen Ordnung und zur Versöhnung mit den Nachbarländern. Die Proklamation Die Würde des Menschen ist unantastbar beruht zugleich auf der biblisch fundierten Gottesebenbildlichkeit des Menschen.
Wir feiern auch 200 Jahre St. Nicolai-Kirche mit einer Festwoche im Oktober, zu der alle aus nah und fern recht herzlich eingeladen sind.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Herbstzeit, in der sich vielleicht auch für Sie persönlich mitten im Alltag Türen zu neuen freiheitlichen Räumen öffnen.
Ihr Pfarrer Christian Peisker
Segenswunsch zum Geburtstag